Werkbeschreibung
Zur Arbeit von Barbara Philomena Schnetzler
Als gelernte Steinbildhauerin bearbeitet Barbara Philomena Schnetzler nebst verschiedenen Gesteinsarten – hauptsächlich Marmor – häufig auch andere Materialien. Bevorzugt verwendet sie Holz, Bronze, Ton und Wachs. Gelegentlich greift sie zu Fundstücken aller Art – das kann ein gerostetes Stück Eisen oder ein kleiner Knochen sein.
So wenig der Künstlerin die Wahl des – allerdings immer natürlichen – Materials zunächst von Bedeutung zu schein scheint, so souverän beherrscht sie ihr Metier in verschiedenen Formensprachen: In scheinbar spielerischer Leichtigkeit arbeitet sie das eine Mal fast geometrisch-konkret, das andere Mal frei „abstrakt“; dann entpuppt sich eine durch ihre perfekte Harmonie auffallende Komposition als ein mit minimalen Eingriffen versehenes Naturobjekt, oder der Betrachter wird, im Gegenteil, in einem wenngleich schönen, auf den ersten Blick aber nur spärlich geformten Marmorblock einer erst von nahem als Relief erkennbaren, in feinen Details heraus gemeisselten Figur gewahr. Nicht zuletzt erschafft Barbara Philomena Schnetzler menschliche Köpfe, Torsi und Figuren – sei es als Ebenbilder in makelloser Vollendung, sei es als weitgehend gelöste Formen, oder sei es als zu räumlicher Erscheinung gebrachte innere Regungen. Manchmal sind sie so wesenhaft differenziert, dass man in einen direkten Dialog mit ihnen (oder den sie belebenden Kräften) zu treten glaubt und ihre Erschaffenheit und Materialität vergisst.
„Im Zentrum meines künstlerischen Schaffens steht der Mensch. Ich meissle, schnitze, knete, zertrümmre und schleife an seiner Gestalt. Meine Formen sind die Suche nach der Bewegung, die der Mensch im Innern vollzieht. Die dem Leben zu Grunde liegenden Rhythmen von Zusammenziehung und Ausdehnung, Spannung und Entspannung, von Vertikaler und Horizontaler sind Gestaltungskräfte, aus denen heraus ich arbeite. In dieser Bewegung das lebendige Gleichgewicht zu suchen, ist wesentlich für meine Bildhauerei, die das Zusammenspiel von Materialität und Immaterialität, von Innenraum und Umraum erforscht“.
Damit buhlen Barbara Philomena Schnetzlers Werke – die, als entschiedene Zeugnisse der Gegenwart, erheblich mit den Idealen des griechischen Altertums korrespondieren – weder laut um Aufmerksamkeit, noch eignen sie sich überhaupt für den Beifall zu Glanz oder subjektiver Expression. Durch ihre schlichte Anmut, ihre fein ausbalancierte Dynamik und handwerkliche Gediegenheit, gleichen sie vielmehr sublimen Ehrerbietungen gegenüber einer – bis hin zur Anlage des Menschen – von Weisheit geprägten Natur, die die Betrachter beispielhaft dazu ermuntern, in eigener, freier Übereinstimmung mit und in dieser tätig zu sein.
Christof Mollwo